Wie die Collagen entstanden sind
Eines Tages, als ich einmal bei Inge Heyen zu Besuch war, beschloss sie, für ihre Freunde ein Fotobuch zu machen. Es war ein schöner Sommertag und Inge saß bei geöffnetem Fenster im Wohnzimmer. Sie suchte von jedem die schönsten Fotos heraus, sortierte alle sorgfältig und legte sie auf dem Tisch aus. Jeder sollte eine Doppelseite in ihrem Fotobuch bekommen.
Da kam ihr Freund Manfred nach Hause, öffnete schwungvoll die Tür und alle Fotos wirbelten in dem Durchzug hoch in die Luft und in einem wilden Durcheinander auf den Boden. Manche landeten unter dem Tisch, andere unter dem Sofa und wieder andere unter dem Schrank.
Inge wollte schon schimpfen aber Manfred entschuldigte sich und wir drei sammelten den ganzen Abend gemeinsam die Fotos wieder zusammen, sortierten sie und legten sie auf dem Tisch aus. Es war schon spät, als wir fertig waren, wir tranken noch einen Whiskey und gingen schlafen.
Am nächsten Morgen kam Inge ins Wohnzimmer und fand die Fotos erneut in einem wilden Durcheinander auf dem Boden. Manche lagen unter dem Tisch, andere unter dem Schrank und wieder andere unter dem Sofa.
„Wie kann das sein?“ dachte Inge. Manfred hatte doch die ganze Nacht neben ihr oben geschlafen. Sofort hatte sie mich im Verdacht, da ich im Wohnzimmer auf dem Sofa schlief, und rüttelte feste an mir. Doch ich hatte noch eine lustige Nacht mit dem Whiskey gehabt, als die beiden längst schliefen und war völlig unschuldig.
Gemeinsam sammelten wir die Fotos wieder auf, sortierten sie und legten sie auf dem Tisch aus. Als wir fertig waren, war es wieder Abend und wir gingen schlafen.
Am nächsten Morgen – das gleiche Bild. Die Fotos lagen in einem wilden Durcheinander auf dem Boden. Manche lagen unter dem Sofa, andere unter dem Tisch und wieder andere unter dem Schrank. Inge war traurig und wütend zugleich. Aber in dieser Nacht hatte ich nur so getan, als ob ich auf dem Sofa schliefe und hatte heimlich beobachtet, was passiert war.
Kaum waren wir drei schlafen gegangen, begann auf dem Tisch ein Kichern und Wispern und ich hörte „hui“, „wusch“, „fffrrrmmmm“. Im Mondschein konnte ich sehen, wir die Fotos vom Tisch hüpften, Saltos drehten und durch die Luft sprangen. Ihr unfreiwilliges Durcheinandergewirbeltwerden zwei Tage zuvor hatte ihnen so viel Spaß gemacht, dass sie das nun selbst spielten. Sie hatten keine Lust mehr, langweilig gerade nebeneinander in einem Fotobuch zu kleben. Sie wollten viel lieber ein bisschen übereinander und schief liegen.
Und so kam es, dass Inges Freunde keine Doppelseite in einem Fotobuch sondern wunderschöne Collagen bekamen, die jetzt in dieser Ausstellung zu sehen sind.